Giorgia Meloni beim Wahlkampf in Palermo (Foto: Twitter)
Fast die Hälfte der Menschen in Italien gab keine Stimme ab. Die größte Partei war die der Nichtwähler. Die zweitstärkste Partei in Italien werden die rechtsextremen „Fratelli d’Italia“ um Giorgia Meloni (45). Italien hat gewählt.

Screenshot: https://elezioni.interno.gov.it/
Um 18.10 Uhr veröffentlicht das italienische Innenministerium die offiziellen Zahlen: Das Rechts-Bündnis aus „Fratelli d’Italia“, „Lega“ und „Forza Italia“ holt 44 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen für Senat und Abgeordnetenkammer, das Mitte-Links-Bündnis 26 Prozent, das „Movimento 5 Stelle“ erreicht 15 Prozent, das Zentrums-Bündnis aus „Azione“ und „Italia Viva“ knapp 8 Prozent. Nicht mehr im Parlament vertreten ist der bisherige Außenminister und Shootingstar der vorherigen Wahl Luigi Di Maio (36).
Beide Kammern des italienischen Parlaments wurden neu gewählt.
Das neue Parlament soll am 13. Oktober zusammentreten. Bis zur Vereidigung der Regierung könnten mehrere Wochen vergehen. Traditionell stellt in Italien die stimmstärkste Partei den Ministerpräsident oder jetzt erstmalig die Ministerpräsidentin.
Die erste Frau an Italiens Spitze
Italien bekommt eine Frau an die Spitze. Die rechten Machtverhältnisse haben sich seit der letzten Wahl verschoben. Im Rechtsblock sind die „Fratelli d’Italia“ mit 26 Prozent eindeutige Sieger (Wahlen 2018: 4,3 Prozent). Die „Lega“ holt knapp 9 Prozent (2018: 17,6 Prozent) und „Forza italia“ 8 Prozent (2018: 14,4 Prozent).

Screenshot: Twitter/Giorgia Meloni
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Die „Fratelli d’Italia“ vertreten extrem nationalistische, EU-kritische und teil rassistische Positionen. Sie sind eine der Nachfolgeparteien der Bewegung „Movimento Sociale Italiano“, die ehemalige Funktionären des faschistischen Diktators Benito Mussolini (†1945) nach dem Zweiten Weltkriegs gegründet hatten.
Melonis erster Auftritt nach dem Wahlsieg
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— Giorgia Meloni 🇮🇹 ن (@GiorgiaMeloni) September 26, 2022
Ihr Versprechen: Nach einem „aggressiven“ Wahlkampf will sie jetzt für alle Menschen in Italien da sein
Meloni bekennt sich zu den Wurzeln ihrer Partei und verurteilt den Faschismus nicht gänzlich. Das Logo der 2012 gegründeten „Fratelli d’Italia“ ist eine Flamme, die an Mussolini erinnert und die ein Symbol der Rechten ist. Meloni sagt, sie sei „stolz“ darauf.
Im Wahlkampf hatte Meloni immer wieder versucht, Sorgen aus dem Ausland zu zerstreuen. Italien werde ein verlässlicher Partner bleiben, ob in der EU oder Nato. Trotzdem hat sie bereits angekündigt, die Positionen Italiens in der EU neu zu verhandeln.
Zuletzt polterte ihr Koaltionspartner Silvio Berlusconi in einer Talkshow, dass sein Freund Putin lediglich versucht habe in der Ukraine „anständige Leute“ in die Regierung bringen zu wollen und in eine dramatische Situation gerutscht sei. Putin-Fan Matteo Salvini von der „Lega“ ist gegen die Russlands-Sanktionen. Meloni bekennt sich indes zur Führung von Ungarns demokratiefeindlichem Ministerpräsident Viktor Orbán.
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Ihr Problem bei den Verhandlungen: Das Ausland weiß, dass Italiens Regierungen im Schnitt nur ein gutes Jahr halten. Das schmälert jede Verhandlungsposition. Wie stabil das rechte Bündnis ist, wird sich zeigen. Melonis Bündnispartner scheinen im Moment angeschlagen.
Wie stabil ist die Rechte?
Berlusconi wird in den kommenden Tagen 86 Jahre alt: Wenn der wegen Steuerhinterziehung verurteilte Polit-Dino schwächelt, hat die „Forza Italia“ keinen Reservekandidaten. Er selbst möchte den renommierten Posten des Präsident des Senats, aber die Belastung traut ihm kaum einer zu. Zuletzt hatte Berlusconi am Wahlsonntag überraschend verkündet, dass Meloni ihm „ein bisschen Angst mache“.

Screenshot: Twitter
Melonis Mitstreiter Salvini hat nach dem Stimmenverlust vor allem ein parteiinternes Problem. Kann er sich in der „Lega“ an der Spitze halten, nachdem seine Partei massivst an Stimmen verloren. Auf Sizilien läuft aktuell ein Verfahren gegen den bisherigen Innenminister wegen Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung. Salvini hatte 2019 ein Flüchtlingsschiff blockiert. Darauf stehen in Italien 15 Jahre Haft.
Fakt ist: Meloni scheut negative Schlagzeilen, möchte der Welt das vermeintlich saubere Gesicht der italienischen Rechten präsentieren: Aber kann sie den Männern die Posten verwehren und trotzdem Ministerpräsidentin werden? Italien stehen unruhige Zeiten bevor.
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geschrieben von Annie Kayser, zuerst veröffentlicht am 26. September 2022
Titelbild – Collage: Twitter/Giorgia Meloni





