Verona und die wahre Story der „Casa di Giulietta“

Von unserer Redaktion

Das größte Liebesdrama in der Literatur, auf der ganzen Welt bekannt: Die Geschichte von Romeo und Julia war keine Erfindung von William Shakespeare, sondern soll eine zum Teil wahre Geschichte sein. Erste schriftliche Überlieferungen der Tragödie gab es schon vor dem Jahrhundertwerk des Engländers. Viel abenteuerlicher ist dagegen die Herkunft des Balkons des „Casa di Giulietta“.

Der italienische Schriftsteller Luigi da Porto schrieb vermutlich als Erster über das unglückliche Paar Romeus und Giulietta, 60 Jahre vor Shakespeare und legte den Grundstein für Veronas heutige Berühmtheit. Im Jahr 1530 erschien seine „Historia novellamente ritrovata di due nobili amanti“, die wiederentdeckte Geschichte zweier edler Liebender.

Der Dichter Matteo Bandello baute die Geschichte im Jahr 1554 zur Novelle „La sfortunata morte di due infelicissimi amanti“, zum unglücklichen Tod von zwei unglücklich Liebenden aus. Daraus machte der englische Dichter Arthur Brooke 1562 das Gedicht „The Tragicall Historye of Romeus and Juliet“ – die Vorlage für Shakespeares Ausnahmewerk, das im Jahr 1597 erschien.

Die Bronzefigur der Julia im Hintergrund des Hofes
Die Bronzefigur der Julia im Hintergrund des Hofes mit glänzender Brust

Verona war Romantik und Konflikt

Shakespeare behielt in seinem Werk Verona als Schauplatz der Liebestragödie bei: Die Stadt galt in der Renaissance als romantisch und gleichzeitig konfliktreich. Verona lag im nördlichen Italien, das für seine ständigen Fehden und Rivalitäten unter den reichen Stadtstaaten bekannt war. Verona hatte außerdem den Vorteil, dass es für ein englisches Publikum exotisch klang, ohne völlig unbekannt zu sein. Italien war im 16. Jahrhundert ein Zentrum der Kunst, Literatur und Kultur, und Verona war eine Stadt mit einer langen Geschichte und beeindruckenden Bauwerken. Für ein Theaterpublikum zur Zeit Shakespeares bot dies die perfekte Mischung aus Fernweh, Romantik und Dramatik.

Obwohl die Namen der Montagues und Capulets, italienisch Montecchi und Cappelletti, schon in Dantes „Göttlicher Komödie“ erwähnt wurden, gibt es keine konkreten historischen Aufzeichnungen, die belegen, dass die genauen Familien, wie Shakespeare sie beschreibt, tatsächlich in Verona existierten. Dennoch trug diese literarische Erwähnung in Dantes Werk dazu bei, dass solche Familienfehden als authentisch empfunden wurden.

Die Sache mit Julias Balkon

Julias Haus in Verona
Selbst bei strömenden Regen ist Julias Haus gut besucht

Das „Casa di Giulietta“, das Haus der Julia steht heute in jedem Reiseführer über Verona. Was häufig nicht erwähnt wird, ist dass besagtes Haus eigentlich mal ein Stall war und nicht das Heim einer gut betuchten Veroneser Familie. Der Stall gehörte im 12. Jahrhundert einer Familie namens Dal Cappello – eine gewisse Ähnlichkeit zum Namen „Capulet“ aus Shakespeare ist vorhanden.

Als Anfang des 20. Jahrhunderts immer mehr Touristen nach Norditalien reisten und vor allem auch den Schauplatz des weltberühmten Liebesdramas sehen wollten, waren es die Einheimischen irgendwann leid zu erklären, warum es selbigen nicht gab, und wollten den Besuchern mehr bieten. Die Stadt Verona kaufte den Stall in der Via Cappello und ließ ihn aufwendig umbauen, inklusive Hauptsaal und Herrenzimmer – und einen Balkon anbauen. Und den bestaunen bis heute fast zwei Millionen Menschen im Jahr. Die Phantasie nimmt einen mit, wenn man in dem Hinterhof steht, angebaut oder nicht.

Warum Julia heute Glück bringt

Liebesbotschaften aus aller Welt im Durchgang zum Hof
Liebesbotschaften aus aller Welt im Durchgang zum Hof

Der Innenhof der Casa di Giuletta, in dem man den Liebesbalkon bewundern kann, ist kostenlos zugänglich. Meist posiert hier eine offiziell engagierte „Julia“ auf dem Balkon für die vielen tausenden Fotos, die an einem Tag gemacht werden. Im Innenhof steht auch die Statue der Julia, die der italienische Bildhauer Nereo Costantini 1972 geschaffen hat. Die Bronzefigur zeigt Julia in einer nachdenklichen, leicht zurückhaltenden Pose. Weil es angeblich Glück in der Liebe bringt, die rechte Brust zu berühren, glänzt dieser Bereich wie frisch poliert.

Früher war es auch üblich, ein Liebesbriefchen im Durchgang zum Hof hinterlassen. Dort stecken jetzt einige dutzend, viel mehr, ein paar Tausende sind an die Wand geschrieben. Meistens ein „Ti amo“ oder ein „I love you“, oder zwei Buchstaben von einem Herzchen umrandet. Auch wenn die Stadt Verona die Liebesschwüre schon seit Jahren verboten hat, scheinen einige besonders Verliebte weiter zu machen.

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