Symbolbild/Collage: Eigenproduktion; Getty Images/Fotograv via canva.com
Italien ist ein Land der Titel. Nirgendwo sonst auf der Welt hört man so oft der Anrede „Dottore“ – und das nicht nur beim Arzt. Der Ton macht bekanntermaßen die Musik.
„Dottore ist das Wort, das vor dem Namen einer Person steht und besagt, dass diese Person Italiener ist.“
Journalist & Schriftsteller Indro Montanelli (*1909, †2001)
Mit „Dottore“ angeredet zu werden, ist ein Zeichen von Respekt. Es setzt nicht zwingend voraus, dass man studiert oder einen Schulabschluss hat. Der „Dottore“ wird als Zeichen der Ehrerbietung oder auch als kleine Schmeichelei verwendet – egal ob von deinem Bankberater oder von dem Obdachlosen, der dich gerade in die Parklücke „eingewiesen“ hat. Auch manche Verkäufer in der Parfümerie werden mit „Dottore” angesprochen – vor allem, wenn sie ein entsprechendes Auftreten an den Tag legen. Der Titel ist hier nicht nur Qualifikation, sondern Stilmittel.

Die Leidenschaft für akademische Titel
Die italienische Leidenschaft für akademische Titel hat historische Wurzeln: In einem Land, in dem Bildung über Jahrhunderte nicht selbstverständlich war, galt der Universitätsabschluss lange Zeit als hohes gesellschaftliches Gut. Wer ein Studium abschloss – ganz gleich in welchem Fach – erhielt das Anrecht auf die Bezeichnung Dottore.
In früheren Jahrzehnten war das Studieren noch einem kleinen Teil der Bevölkerung vorbehalten. Ein Titel bedeutete also nicht nur Wissen, sondern auch Aufstieg, Disziplin und familiären Stolz. Der Respekt vor der akademischen Leistung lebt bis heute weiter – auch wenn mittlerweile weitaus mehr Menschen einen Studienabschluss haben.
In dieser Region leben die Italiener am längsten


Der „Dottore“ im Alltag – mehr als Etikette?
Heute begegnet man dem „Dottore“ überall: auf Visitenkarten, Praxisschildern, in offiziellen Schreiben und sogar im Gespräch mit dem Nachbarn. In vielen Fällen ist es eine reine Höflichkeitsform –doch manchmal auch mehr.
Wenn man etwa einen Facharzt aufsucht, dem Notar wichtige Unterlagen übergibt oder einen Vortrag an der Universität besucht, dann kann die Anrede „Dottore“ ernst gemeintes Vertrauen. Vor allem im Süden Italiens oder in konservativeren Regionen wird der Titel mit großem Ernst verwendet – dort wirkt ein einfaches „Signore” fast unhöflich.
Übrigens: Der tatsächliche Doktor-Titel, wie man ihn weltweit kennt, ist in Italien der „Dottore di ricerca” (abgekürzt Dott. Ric.). Dafür braucht man in Italien ein Promotionsstudium. Das dauert mindestens drei Jahre.
Die berühmteste Küste der Welt
Uni-Leben in Italien: Ein kleiner Exkurs…
Mit der Universität Bologna hat Italien die älteste Universität Europas. Die Hochschule wurde bereits im Jahr 1088 gegründet. Schon im Mittelalter kamen Austauschstudierende zur Forschung nach Italien. Heute studieren in Bologna gut 80.000 junge Menschen. In ganz Italien studieren aktuell etwa 2 Millionen Menschen, davon etwa 4 Prozent aus dem Ausland.
Lost Places: Italiens Geisterdörfer
In Italien gibt es 66 staatliche Università, vier staatliche Politecnici (Technische Hochschulen) und 29 private, staatlich anerkannte Hochschulen. Dazu kommen drei Scuoli Superiori (für wirtschaftsnahe Studiengänge im Graduiertenbereich), drei Università per Stranieri (speziell für ausländische Studierende), elf Università Telematiche (Fernhochschulen), Pontifikal-Universitäten (alle mit Sitz in Rom) und eine Vielzahl von Hochschulen im Bereich Musik, Kunst, Design und Restauration.
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