Vier Minuten lang dauert die tödliche Attacke. Am helllichten Tag prügelt ein Italiener (32) einen nigerianischen Straßenhändler (39) tot. Tatort: die Einkaufsstraße im Küstenort Civitanova. Dutzende Passanten schauen zu, viele filmen. Italien ist entsetzt.
In einer ersten Pressekonferenz sagt die Polizei, dass es keine rassistischen Motive für die Tat gäbe. Der Mörder Filippo F. (32) sei laut ersten Erkenntnissen psychisch krank: Er habe eine bipolare Störung in Kombination mit einer Borderline-Persönlichkeit. Seine Mutter soll als sein gesetzlicher Vormund eingetragen sein.
Screenshot: Facebook/Fabrizio Ciarapica
Die Polizei hat den 32-Jährigen wegen des Verdachts auf vorsätzliche Tötung und Raub vorläufig festgenommen.
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Rücckblick, der frühe Freitag-Nachmittag in Civitanova in den Marken: Filippo F. (32) ist mit seiner Partnerin Elena D. (45) unterwegs, als der stadtbekannte Straßenhändler Alika O. (39) die beiden anspricht. Das Paar hat kein Interesse an einem Kauf. Der Händler bittet um eine Spende. Das Paar betritt ein Geschäft.
Normalerweise wäre die Geschichte hier zu Ende. Laut Aussage der Partnerin habe Filippo F. das Geschäft aber alleine wieder verlassen.
Screenshot: Facebook/Fabrizio Ciarapica
Filippo F. soll an einer bipolaren Störung mit psychotischen Schüben und einer Borderline-Persönlichkeit leiden. Über längeren Zeitraum soll er früher in der örtlichen Psychiatrie behandelt worden sein.
Seine Mutter soll als sein gesetzlicher Vormund eingetragen sein: Filippo ist angeblich zu 100 Prozent geistig behindert. Erst vor kurzem ist er mit seiner Partnerin nach Civitanova gezogen. Vorher hat er bei seiner Mutter in Salerno gelebt.
Laut bisherigen Ermittlungen soll Filippo dem Händler gefolgt sein. Alika O. braucht seit einem Fahrrad-Unfall vor etwa einem Jahr eine Krücke.
Mit dieser Krücke prügelt Franco F. unvermittelt auf den Nigerianer ein. Der versucht vergeblich sich zu wehren, stürzt zu Boden. Ein Passant tritt die Krücke weg, schreit immer wieder “hör auf, du bringst ihn um”. Franco F. schlägt auf den wehrlosen Mann ein, würgt ihn. Nach vier Minuten ist Alika O. tot.
«Es war unmöglich, die beiden zu trennen, dieser Typ war grausam», sagte der Augenzeuge der Zeitung «La Repubblica». Andere Passanten filmen die Tat scheinbar ungerührt. Ihre Videos kursieren in den Sozialen Medien.
Bipolare Störung
Die bipolare Störung, die auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet wird, ist eine Erkrankung, die mit Phasen der Depression und Hypomanie (gehobene Stimmung) einhergeht, abwechselnd mit Phasen normaler Stimmung. Sie ist durch Stimmungsschwankungen pathologischer Natur gekennzeichnet, die den Betroffenen in manisch-ähnliche Zustände versetzen.
Nachdem sich der Nigerianer nicht mehr bewegt, nimmt Filippo F. das Handy des Toten und geht nach bisherigen Ermittlungen zurück in das Geschäft zu seiner Partnerin. Die will von allem nichts mitbekommen haben, bis Franco F. blutverschmiert vor ihr steht.
Über seine Anwältin lässt er ausrichten, dass “es ihm Leid tue”. Er bitte die Familie des Toten um Entschuldigung. Laut der Zeitung “La Repubblica” will seine Anwältin ein psychiatrisches Gutachten anfordern.
Die Mutter von Filippo F. ist schockiert: Die gebürtige Österreicherin habe ihrem Sohn, der nach ihren Angaben kein Rassist sei, so eine Tat niemals zugetraut.
Screenshot: Facebook/Fabrizio Ciarapica
Für die Familie des ermordeten Alika O. sind diese Entschuldigung nicht genug: Sie wollen Gerechtigkeit, wie ihr Anwalt mitteilt. Außerdem müsse dringend geklärt werden, warum ein augenscheinlich so psychisch Kranker keine Betreuung gehabt habe.
Am Dienstag soll bei einer Autopsie festgestellt, was zum Tod des nigerianischen Familienvaters geführt hat: die Schläge, das Würgen oder wurde Alika O. am Ende durch das Körpergewicht seines Gegners erstickt.
Borderline-Persönlichkeit
Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeit haben deutliche Tendenzen zu Streitereien und Konflikten mit anderen. Sie neigen zu impulsiven Handlungen und Wutausbrüchen – dabei unfähig ihr explosives Verhalten zu kontrollieren.
Die Gemeinde hat in einer Sondersitzung einen 15.000-Euro-Fond für Alika O.s Familie eingerichtet. Das örtliche Schuh-Unternehmen Eurosuole hat spontan 10.000 Euro zusätzlich gespendet. Die Region Marken will in einem möglichen Prozess als Zivilpartei auftreten.
Am Samstag gab es die erste Mahnwache in Civitanova, organisiert von der afrikanischen Gemeinschaft. Ihr Verdacht: “Wären es zwei Italiener gewesen, wäre die Sache anders ausgegangen. Dann hätte jemand eingegriffen…”
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Titel / Montage – Foto: Buffy 1982/Getty Images via canva. com
Quellen: italienische und deutsche Tagespresse; eigene Recherche